Das neue Jahr hat zahlreiche Änderungen im Spektrum der arbeitsrechtlichen Vorschriften in Polen mit sich gebracht. Die Änderungen betreffen eine Reihe wichtiger Bereiche, wie z. B. die bisher nicht vorgesehene Möglichkeit, den Alkoholkonsum von Arbeitnehmern zu ermitteln, oder die Einführung von vollwertigen Regelungen zur Fernarbeit. Welchen Herausforderungen müssen sich die Arbeitgeber in Polen stellen? Werden die Arbeitnehmer von den Änderungen profitieren?
1. Höherer Mindestlohn
Ab dem 1. Januar dieses Jahres wurde der Mindestlohn auf 3.490 PLN (brutto) angehoben. Doch damit ist die Erhöhung noch nicht abgeschlossen: Die nächste wird bereits am 1. Juli erfolgen, wenn der Mindestlohn auf 3.600 PLN steigen soll. Das ist mehr als ursprünglich erwartet. Das bedeutet, dass ein Mindestlohnempfänger mehr als 2.700 PLN auf sein Bankkonto überwiesen bekommt (der Nettobetrag ist allerdings immer von der persönlichen und individuellen Situation des jeweiligen Arbeitnehmers abhängig!).
Die Höhe des Mindestlohns überträgt sich auch auf die Höhe des Mindeststundenlohns – dieser beträgt 22,80 PLN (brutto) und wird im Juli auf 23,50 PLN pro Stunde angehoben.
2. Nüchternheitskontrollen
Die bisherige Gesetzgebung bot keine klare und sichere Rechtsgrundlage für Arbeitgeber, Nüchternheitskontrollen bei Arbeitnehmern durchzuführen oder zu überprüfen, ob sie unter dem Einfluss von Rauschmitteln stehen. Jetzt wird den Arbeitgebern diese Möglichkeit eingeräumt, sofern solche Kontrollen erforderlich sind, um den Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer oder den Schutz von Eigentum zu gewährleisten.
Übrigens: Sie können nicht nur Ihre Arbeitnehmer testen, sondern auch andere Mitarbeiter, die auf der Grundlage anderer zivilrechtlicher Vereinbarungen mit Ihnen zusammenarbeiten (z. B. Auftragnehmer, B2B-Vertragspartner)!
Die Bedingungen für Nüchternheitskontrollen müssen in einer Arbeitsordnung festgelegt werden (oder in einem offiziellen Bescheid, wenn der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, eine Arbeitsordnung einzuführen). Nüchternheitskontrollen dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn sie die Würde und andere persönliche Rechte der Arbeitnehmer nicht verletzen. Die Arbeitgeber müssen eine Methode anwenden, die keinen Labortest erfordert, z. B. die Verwendung eines Geräts, das eine gültige Kalibrierung aufweist. Die neuen Vorschriften sehen auch eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten (z. B. das Datum und die genaue Uhrzeit der Inspektion und deren Ergebnis) sowie Aufbewahrungsfristen (grundsätzlich ein Jahr nach der Datenerhebung) vor.
Die Vorschriften sind am 21. Februar in Kraft getreten.
3. Remote Work
Die neuen Vorschriften zur Regelung der Fernarbeit werden das bisher funktionierende Konzept der “Telearbeit”, das eigentlich nie sehr verbreitet war, vollständig ersetzen. Die neuen Bestimmungen stellen eine Mischung aus den spärlichen Vorschriften, die während der Pandemie eingeführt wurden, und den früheren Vorschriften zur Telearbeit dar. Sie revolutionieren den rechtlichen Status quo vollständig.
Nach dem neuen Gesetz wird der Übergang zur Remote-Arbeit entweder durch eine einseitige Anordnung des Arbeitgebers oder durch eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer möglich sein. Letzteres kann entweder beim Abschluss des Arbeitsvertrags oder später im Laufe des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Darüber hinaus werden die Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, spontane, “gelegentliche” Fernarbeit in Anspruch zu nehmen.
Da sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer den Ort der Fernarbeit vereinbaren müssen, kann keine der beiden Parteien dies der anderen aufzwingen. Abgesehen davon kann der Arbeitgeber Fernarbeit nur dann anordnen, wenn der Arbeitnehmer erklärt, dass er Zugang zu Einrichtungen (Räumlichkeiten) und technischen Kapazitäten hat, die ihm diese Arbeitsweise ermöglichen.
In den neuen Vorschriften werden Situationen beschrieben, in denen der Arbeitgeber verpflichtet ist, seinen Mitarbeitern Fernarbeit zu gestatten – z. B. auf Antrag einer schwangeren Arbeitnehmerin oder einer Arbeitnehmerin, die ein Kind bis zum Alter von vier Jahren erzieht. Eine Ablehnung ist nur dann möglich, wenn die Fernarbeit aufgrund der Art der zu erledigenden Aufgaben objektiv nicht durchführbar ist.
Außerdem wird ein bisher unbekanntes Konzept der “gelegentlichen Fernarbeit” eingeführt, bei dem ein Arbeitnehmer berechtigt ist, maximal 24 Tage pro Kalenderjahr im Rahmen der Remote Work zu arbeiten. Diese Art von Arbeit ist zur Deckung des gelegentlichen Bedarfs des Arbeitnehmers vorgesehen. Nur der Arbeitnehmer kann die Initiative ergreifen, um von dieser Form der Fernarbeit Gebrauch zu machen. Da es sich um eine spontane Form der Arbeit handelt, muss der Arbeitgeber sie nicht in internen Vorschriften oder im Arbeitsvertrag regeln. Außerdem ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, zusätzliche Kosten zu tragen, um diese gelegentliche Fernarbeit zu ermöglichen.
Neue Rechtsvorschriften bringen gleichzeitig neue Verpflichtungen für die Arbeitgeber mit sich, wie zum Beispiel:
- die Notwendigkeit der Umsetzung von Fernarbeitsgrundsätzen (in der Arbeitsordnung, in einer individuellen Anweisung des Arbeitgebers oder in einem individuellen Vertrag) – dazu gehören Grundsätze der Leistungsüberwachung, der Gesundheit und der Sicherheit sowie der Deckung der mit der Fernarbeit verbundenen Kosten;
- die Bereitstellung der notwendigen Materialien und Werkzeuge für den Arbeitnehmer sowie deren Wartung;
- die Gewährung von Schulungen und technischer Unterstützung für den Arbeitnehmer;
- die Ausarbeitung oder Aktualisierung von Datenschutzrichtlinien;
- die Durchführung einer Risikobewertung am Arbeitsplatz;
- die Ausarbeitung von Regeln für die ordnungsgemäße Organisation des Fernarbeitsplatzes.
Die neuen Vorschriften zur Fernarbeit treten am 7. April in Kraft.
4. Umsetzung der Richtlinie über die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben
Die Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates) wartet seit langem auf ihre Umsetzung im polnischen Rechtssystem. Der Gesetzentwurf wurde bereits vom Staatspräsidenten unterzeichnet und tritt bald in Kraft.
Er zielt vor allem darauf ab, die Urlaubsansprüche zu erweitern. Sowohl Müttern als auch Vätern wird ein Elternurlaub garantiert – in den meisten Fällen 41 Wochen, wobei ein nicht übertragbarer Teil dieses Urlaubs von bis zu neun Wochen für jeden Elternteil vorgesehen ist. Außerdem erhalten die Arbeitnehmer im Rahmen ihres Betreuungsurlaubs zusätzliche freie Tage (5 unbezahlte Tage). Die Mitgliedstaaten, darunter auch Polen, sind außerdem verpflichtet, dafür zu sorgen, dass jeder Arbeitnehmer aus dringenden familiären Gründen (z. B. bei Krankheit oder Unfall) Anspruch auf eine Freistellung von der Arbeit aus Gründen höherer Gewalt hat – und zwar im Umfang von 2 Tagen. Nimmt ein Arbeitnehmer diesen in Anspruch, so hat er weiterhin die Berechtigung zum halben Lohn.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben hat noch weitere Aspekte: Arbeitgeber müssen unter anderem Arbeitnehmern, die ein Kind bis zu 8 Jahren oder im selben Haushalt lebende Verwandte/Personen betreuen, eine stärkere Nutzung flexibler Arbeitsregelungen (Fernarbeit, reduzierte Arbeitszeiten, flexible Arbeitszeiten) ermöglichen.
5. Umsetzung der Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen
Der zweite EU-Rechtsakt, der auf die Umsetzung in die nationale Rechtsordnung wartet, ist die Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates). Auch hier wurde der Gesetzesentwurf vom Staatspräsidenten bereits unterzeichnet und tritt bald in Kraft.
Der Gesetzesentwurf wird Arbeitgeber unter anderem dazu verpflichten, die Gründe für die Kündigung von befristeten Arbeitsverträgen anzugeben und die Arbeitnehmer über Beförderungsmöglichkeiten und interne Stellenangebote zu informieren. Die Arbeitnehmer müssen auch die Möglichkeit erhalten, ihre Beschäftigungsbedingungen einmal im Jahr zu ändern, und sie werden das Recht erlangen, vom Arbeitgeber den Übergang von ihrer derzeitigen Beschäftigungsform zu einer vorhersehbaren Form oder zu einer mit sichereren Arbeitsbedingungen zu verlangen.
Mit den neuen Vorschriften wird auch ausdrücklich der Fall der Mehrfachbeschäftigung geregelt. Die Tatsache einer zusätzlichen Beschäftigung kann keinen Grund für die Beendigung des Arbeitsvertrags darstellen, und die Arbeitnehmer dürfen deswegen nicht benachteiligt werden. Bei Arbeitnehmern, die unter besonderem Schutz stehen, wird außerdem der bloße Versuch, eine Kündigung vorzubereiten, verboten.
6. Zusammenfassung
Wie Sie erkennen können, wird das Jahr 2023 sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber viele wichtige Änderungen mit sich bringen. Nicht alle von ihnen sind bereits in Kraft getreten, und wir müssen abwarten, wie sie sich in der Praxis entwickeln. Da sie nicht einfach sind, ist es unmöglich, sie alle in einem Artikel ausführlich zu beschreiben. Bleiben Sie aber dran! Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.
Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich jederzeit an uns wenden, um weitere Informationen zu erhalten!